Digitalisierung im Gesundheitswesen Fluch oder Segen?

28.08.2024

Die Senioren Union Bergheim hatte zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen
 
Peter Lipp, der nach der Begrüßung durch die Vorsitzende Anne Keller die Veranstaltung moderierte, brachte es auf den Punkt: „Das Wort „Digitalisierung“ belegte 2020 bei einer Meinungsumfrage zum „Unwort des Jahres“ den 2. Platz. Heute, nach nur vier Jahren, gehört der Begriff wie selbstverständlich in unseren Alltag.“ Die Senioren Union Bergheim hatte Dr. Georg Kippels MdB, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, und Claudia Gertzobe, Referentin Versorgungsprogramme der AOK Rheinland-Hamburg, zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung zur „Digitalisierung im Gesundheitswesen ins MEDIO.RHEIN.ERFT eingeladen.
 
Aufgeschlossenheit und Bereitschaft sind gefragt
Dass wir mit unserer Gesundheitskarte inzwischen unsere Medikamente in der Apotheke abholen können, ist bereits gängige Praxis. Aber was wird ab 2025 alles über uns in der elektronischen Patientenakte (ePA) gespeichert und wer hat darauf Zugriff? Ist die „ePA“ Fluch oder Segen, bringt sie Vorteile oder eher Nachteile für uns Versicherte bzw. Patienten?  Dazu nahmen die beiden Referenten in ihren Impulsvorträgen Stellung und beantworteten in der Diskussionsrunde alle Fragen der Teilnehmer/innen. Eines machten sowohl Georg Kippels als auch Claudia Gertzobe deutlich: Einen Weg zurück gibt es nicht, die elektronische Patientenakte kommt, dazu gehören Aufgeschlossenheit auf allen Seiten und die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Es wird jedoch eine ausreichende Unterstützung zum Beispiel durch sogenannte Ombutsstellen geben, die von den Krankenkassen eingerichtet werden.
 
Was wird in der ePA gespeichert und was nicht?
Aber was wird nun in der ePA gespeichert? Die Krankenkassen stellen als Basis der digitalen Entwicklung im Gesundheitssystem das Aktensystem und die Abrechnungsdaten zur Verfügung. Sie haben keinerlei Zugriff auf die ePA. Hausärzte, Fachärzte und Krankenhäuser können medizinisch relevante Dokumente bzw. Daten abrufen und einpflegen soweit die Patienten sie hierzu berechtigen. Apotheken sehen die individuelle Medikationsliste, sofern die Medikamente über das e-Rezept verordnet wurden. Den Schlüssel für die elektornische Patientenakte aber haben die Versicherten in der Hand. Sie verwalten ihre medizinisch relevanten Dokumente über die App ihrer Krankenkasse oder durch Zustimmung z.B. gegenüber den behandelnden Ärzten selbst und entscheiden somit, was in der ePA gespeichert wird und was nicht. 
 
Gesundheitsdaten gebündelt an einer Stelle
Die Vorteile für jeden Patienten lägen auf der Hand, so Claudia Gertzobe. Die Gesundheitsdaten liegen gebündelt an einer Stelle und sind für den Versorgungsalltag nutzbar und zwischen den Behandlern schnell austauschbar. Medikamentenliste und –plan helfen, dass Probleme und Wechselwirkungen schneller erkannt werden. Doppeluntersuchungen werden durch einen besseren Überblick zur Krankheitsgeschichte vermieden. Dies kann den Arzt-Patienten-Kontakt verbessern und mehr Raum für vertrauensvolle, inhaltliche Gespräche ermöglichen. Dadurch wird eine individuellere Behandlung ermöglicht. Wichtig: Mittels verschlüsselter Übertragung und Zugriff ausschließlich durch berechtigte Personen sind alle Daten geschützt. 
 
Informationen für alle Versicherten
Alle Krankenkasse werden im Laufe des Jahres ihre Versicherten über die ePA informieren. Niemand wird gezwungen, die von den Krankenkassen bereitgestellte App zu nutzen. Mit dem Einlesen der Gesundheitskarte und eigener Willensbekundung im Rahmen der Behandlung kann man übrigens dem behandelnden Arzt bestätigen, die Daten der nächsten 90 Tage in der ePA zu speichern. Die ePA ist also grundsätzlich auch ohne App nutzbar und man kann von vielen Vorteilen auch ohne App profitieren.
 
Krankenhausreform
Im Anschluss an eine lebhafte Diskussion zum Thema wurde die Krankenhausreform in NRW angesprochen, die eine moderne und bedarfsgerechte Versorgung in spezialisierten Krankenhäusern gewährleisten soll. Die Senioren Union Bergheim interessiert, wie es um die Krankenhäuser im Rhein-Erft-Kreis bestellt ist. Georg Kippels informierte, dass derzeit intensive Gespräche geführt und die Stellungnahmen der Krankenhäuser ausgewertet werden. Sicher ist, dass sich die Krankenhauslandschaft verändern und es nicht so bleiben wird, wie es derzeit ist. Diverse Krankenhäuser werden  möglicherweise Fachabteilungen verlieren, damit bestimmte Eingriffe nur noch in den Häusern vorgenommen werden können, die sich darauf spezialisiert haben bzw. eine bestimmte Anzahl von Fällen bzw. Operationen nachweisen können. Bei der Krankenhausplanung gilt jedoch der Grundsatz, dass für 90 % der Bevölkerung  ein Krankenhaus der Grund- und Notfallversorgung innerhalb von 20 Minuten mit dem Auto erreichbar sein muss.